Bitter – macht süchtig

Wer denkt bei „bitter“ schon an Gutes? Doch dank der Wiederentdeckung bitterer Getränke und gesundheitsbewusster Ernährung kehrt das Stiefkind unter den Geschmacksrichtungen auf unsere Zungen zurück.
Leicht hat es der Geschmack nicht, der auf der Zunge ganz hinten angesiedelt ist. Die Industrie entwickelt Bitterblocker und aus Obst wie Gemüse werden sämtliche Bitterstoffe herausgezüchtet. Uninteressant sind Bitterstoffe für Köche deswegen nicht. Im Gegenteil: Die Bitter-Fans sind nie ausgestorben. Kochen ohne Bitterstoffe ist wie Kochen ohne Salz. Oft nimmt man den bitteren Geschmack von Speisen nicht bewusst wahr. Fehlt er aber, schmeckt ein Gericht schnell fad. Auch werden Speisen durch einen Hauch Bitterkeit bekömmlicher. Bitter nimmt üppiger Süße die Schwere und lässt uns gerne nochmals zugreifen. Wie überall, macht auch hier die Dosis das Gift, und zwar wörtlich.

Bitter kann nämlich giftig bedeuten, aber auch gesund: „Jede Geschmacksrichtung hat biologisch ihren Sinn. Süß zeigt uns Kohlehydrate an, umami Proteine. Daher wird Verzehr süßer und herzhafter Nahrung gefördert. Bei bitter zeigt uns der Körper an: ‚mögliche Toxine‘, daher vermeiden wir gewöhnlich die Aufnahme“. Mittlerweile nimmt man an, dass wir Bitterstoffe trotzdem konsumieren, weil sie gesundheitlichen Nutzen haben. Sie sollen den Blutzucker senken und Viren oder Krebs bekämpfen. Wahrscheinlich sind die Menschen deshalb auf den Geschmack gekommen und reagieren auf hunderte verschiedener Bitterstoffe. Für Köche öffnet das einen ganzen bitteren Baukasten, den sie für ihre Kompositionen nutzen können.

Kren:Wird roh verwendet, da sich seine stechende Schärfe und Bitterkeit im gekochten Zustand verflüchtigt. Die Wurzel mit den antibakteriellen und entzündungshemmenden Eigenschaften setzt ihren Geschmack erst frei, wenn sie zerkleinert wird.

Rucola: In einige Kulturen wird der bittere Grüne als Heilpflanze gegen Augeninfektionen, Nieren- und Verdauungsbeschwerden verwendet. Gekocht tritt die Schärfe zugunsten der Bitterkeit in den Hintergrund. Rucola kombiniert mit Löwenzahn macht sich gut als Raviolifüllung oder in der Pasta.

Kohlsprossen/Rosenkohl: Um auch die gesunden Kleinen bei Kohlsprossen-Hassern beliebt zu machen, sollte man die Blätter einzeln kochen bzw. die Sprossen ganz klein schneiden, das reduziert die Kochzeit.

Kaffee: Schmeckt bitter dank Koffein und Tanninen, was wir viel zu oft unter Zuckerbergen verstecken. Ein Schuss Espresso in Saucen und Fonds verleiht eine interessante Bitterkeit, ohne dass der Kaffeegeschmack wahrnehmbar ist.

Hopfen: Die teure, aber sehr ergiebige Pflanze (200 g reichen für 100 l Bier) fügt Bier viele Aromen zu und hilft bei der Konservierung. Durch den Craft-Bier-Trend sind bittere, hopfige Biere auch bei uns immer gefragter. Tipp: Mit getoastetem Brot kombinieren, es entwickelt durch die Röstung auch eine leichte Bitterkeit.

Endivie/Frisée: Der Bitterstoff Inulin soll harn- und galletreibend sowie appetitanregend wirken. Harmoniert mit üppigen Dressings mit Sardellen, Käse und Zitronensaft. Durchaus einmal gekocht servieren, passt zu fettem Fleisch wie Ente und Schwein.

Radicchio: Der farbenprächtige Italiener sollte nicht bloß im Salatmix enden, er entwickelt auch gekocht oder gegrillt einen wunderbaren Geschmack. Macht sich gut in Strudeln und seine zarte Bitterkeit gibt Risottos eine besondere Note.

Artischocke: Ihren fein-herben Geschmack verdankt die Artischocke vor allem dem Bitterstoff Cynarin, der cholesterinsenkend und galleanregend sein soll. Bitterer und ein echter Geheimtipp ist ihre Verwandte Cardy/Kar-done, die sich sowohl im Garten als auch auf dem Teller hervorragend macht.

Sellerie: War ursprünglich sehr bitter und wurde als Medizin verwendet. Durch Zucht wurden die Knollen größer und die Pflanze weniger bitter. Nicht nur als Suppenwürze macht er sich gut, er schmeckt auch als Salat im Verbund mit Rucola.

Weißer Spargel: Die leichte Bitternote findet man nur beim weißen Spargel, nicht aber im grünen. Sie harmoniert hervorragend mit den Blutorangen in der Sauce maltaise, der man ruhig mal den Vortritt gegenüber der omnipräsenten Sauce hollandaise lassen kann.

Kakao/Schokolade: Koffein und Therobromin machen Kakao und Schokolade bitter. In Europa wurde sie zunächst von Ärzten als Arznei gegen Magen- und Verdauungsbeschwerden verschrieben. Ein Hauch Kakao oder Bitterschokolade passt hervorragend zu Schweinefleisch oder Lamm.

Karamell: Durch den Übergang von Zucker zu Karamell entstehen hunderte chemische Verbindungen, viele davon bitter und aromatisch. Die Antioxidantien, die beim Karamellisieren entstehen, verändern nicht nur den Geschmack, sondern helfen auch beim Konservieren von Speisen.

Zitrusschalen: Die Schale und die weiße Haut von Zitrusfrüchten sind voll von bitteren Alkoholen und Antioxidantien. Gerade die weiße Haut unter der Schale ist damit reich gesegnet, daher sollte man sie entgegen der Konvention auch verwenden.

Grapefruit: Ihre Bitterkeit verdankt diese zufällige Kreuzung aus Orange und Pampelmuse dem Antioxidans Narin-gin. Weiße Grapefruits sind wesentlich bitterer als rote, da sie mehr Naringin enthalten.

Milchsäure und fermentiertes Gemüse!

Milchsäure ist ein Stoffwechselprodukt von Milchsäurebakterien, das in Sauermilcherzeugnissen, Sauerkraut, Sauerteig und in Rohwürsten wie Salami vorkommt. Auch unser Körper kann Milchsäure bilden. Im Folgenden erfahren Sie, wie Milchsäure entsteht, welche Arten von Milchsäure es gibt und welche positiven Wirkungen sie in Lebensmitteln und im Körper entfaltet.

So entstehen Sauermilchprodukte!
Köstliche Sauermilchprodukte entstehen durch die so genannte Milchsäuregärung. Damit die Milchsäuregärung beispielsweise bei der Herstellung von Joghurt, Dickmilch oder Kefir rasch in Gang kommt, werden in der Molkerei spezielle Milchsäurebakterien zur Milch gegeben. Diese nützlichen, kleinen Helfer wandeln einen Teil des in der Milch enthaltenen Kohlenhydrats Milchzucker (Laktose) in Milchsäure (Laktat) um. Die Milchsäure lässt das Eiweiß der Milch gerinnen. Auf diese Weise entstehen die dickflüssigen Sauermilchprodukte. Auch bei der Sauerkraut-, Sauerteig- oder Rohwurstherstellung sorgen Milchsäurebakterien dafür, dass aus Kohlenhydraten wertvolle Milchsäure entsteht.

Warum ist Milchsäure wertvoll?
Milchsäure macht Lebensmittel länger haltbar, weil sie verhindert, dass sich Bakterien vermehren, die zum Verderb führen können. Zudem schmecken milchsaure Lebensmittel angenehm säuerlich und frisch. Milchsäure macht Sauerprodukte auch bekömmlicher. So werden beispielsweise blähende Substanzen aus Weißkohl bei der Sauerkrautherstellung vermindert. Milchsäure verbessert auch die Aufnahme von Mineralstoffen, z. B. Calcium, aus dem Darm. Darüber hinaus fördert sie das Wachstum säureunempfindlicher Milchsäurebakterien, die wichtig für eine gesunde Darmflora sind. Auf diese Weise wirkt sie regulierend auf die Verdauung und aktiviert unsere körpereigenen Abwehrkräfte.

Was bedeutet rechts- und linksdrehende Milchsäure?
Vielleicht haben Sie es schon einmal auf einem Joghurtbecher gelesen: L(+)-Milchsäure. L(+) steht für rechtsdrehende Milchsäure. Linksdrehende wird mit D(-) gekennzeichnet. Die beiden Varianten ähneln sich wie Bild und Spiegelbild. Dieser feine Unterschied hat physikalische Auswirkungen: Bestrahlt man die Milchsäure mit polarisiertem Licht, so dreht sich der Lichtstrahl entweder nach links oder nach rechts. Licht können Sie sich als eine elektromagnetische Welle vorstellen, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung in alle möglichen Richtungen schwingen kann. Wenn das Licht durch einen speziellen Filter scheint, wird es polarisiert. D.h., es schwingt nur noch in eine ganz bestimmte, zur Ausbreitungsrichtung senkrechte, Richtung. Je nach verwendeter Bakterienkultur überwiegt in fermentierten Lebensmitteln der Anteil rechts- oder linksdrehender Milchsäure.
Unser Körper bildet fast ausschließlich rechtsdrehende Milchsäure. Während wir für L(+)-Milchsäure ein spezifisches Enzym besitzen, das für einen raschen Abbau sorgt, wird die linksdrehende Milchsäure nur langsam verstoffwechselt.

Lebendige Nahrung für einen gesunden Darm!
Rohes fermentiertes Gemüse ist lebendige Nahrung, die natürliche Enzyme und aktive Milchsäurebakterien enthält. Gerade diese nützlichen Winzlinge können Großes vollbringen. Sie schaffen ein gesundes ausgewogenes Milieu in unseren Verdauungsorganen und harmonisieren unsere Darmflora. Ein großer Teil unseres Immunsystems befindet sich im Darm. Wenn der Darm gesund ist, haben unwillkommene Eindringlinge (schädliche Bakterien, Parasiten, Pilze), aber auch viele chronische Krankheiten keine Chance mehr.

Unkontrollierter Appetit verschwindet:
Wenn im Darm die schädlichen Mikroorganismen dominieren, dann entwickeln wir oft ein unkontrolliertes Verlangen nach bestimmten – meist ungesunden – Nahrungsmitteln, wie z. B. Süßigkeiten oder Nudeln. Wer verstärkt rohes fermentiertes Gemüse in seine Ernährung einbaut, der wird bald feststellen, dass sich diese seltsamen Gelüste im Laufe der Zeit verflüchtigen.
Vitamine und Phytonährstoffe
Außerdem ist in frischen fermentierten Lebensmitteln ein sehr hoher Gehalt an Vitaminen und Phytonährstoffen vorhanden. Phytonährstoffe werden manchmal auch als sekundäre Pflanzenstoffe bezeichnet. Es handelt sich um natürliche bioaktive Substanzen, die nur in pflanzlicher Nahrung vorkommen und in unserem Körper antioxidativ, immunstimulierend und gerinnungshemmend zur Tat schreiten. Mit diesen Eigenschaften wirken sie den wichtigsten aller heutigen Todesursachen wie Krebs, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegen.

Fermentiertes Gemüse im Handel ist oft wertlos!
Im Handel ist fermentiertes Gemüse selten geworden. Oft gibt es in den Läden nur noch Sauerkraut – in Gläsern oder Dosen. Dieses Sauerkraut ist pasteurisiert, also nicht mehr roh und enthält daher auch keine nützlichen Eigenschaften mehr. Manche Naturkostläden, Feinkostgeschäfte oder Hofläden bieten noch den Verkauf von frischem rohem Sauerkraut an.
Sie können fermentierte Gemüse aber auch selbst herstellen. Das Ergebnis sind hochwertige Produkte, die Sie in dieser Qualität nirgends kaufen können. Produkte, mit denen Sie Ihre Gesundheit unterstützen und Ihr Leben verlängern können.

So stellen Sie sich Ihr eigenes fermentiertes Gemüse her:
Hobeln oder reiben Sie Kohl, Karotten, Rote Bete, Rüben, Knoblauch, Zwiebeln, etc. so fein wie möglich. Geben Sie dann etwas hochwertiges Kristallsalz und/oder Meeresgemüse (z. B. Dulse-Algen, Salat des Meeres o. ä.), Wacholderbeeren oder einige Kümmelkörner hinzu. Rühren Sie die Mischung (ungefähr zehn Minuten lang), damit sich Saft (Lake) bildet.
Schichten Sie jetzt das Gemüse dicht in ein geeignetes Gefäß, z. B. einen Topf aus Keramik. Bedecken Sie das Gemüse mit einem Teller oder einem anderen Deckel, der gut auf das Gefäß passt, so dass keine Luft an das Gemüse kommen kann. Der Teller bzw. Deckel muss direkt auf dem Gemüse aufliegen.

Darauf kommt ein sauberes Gewicht (z. B. ein mit Wasser gefülltes Einmachglas), welches die Gemüsemischung nach unten drückt und die Lake aufsteigen lässt, so dass die Lake das Gemüse (und evtl. auch den Deckel/Teller) bedeckt. Über das Gefäß spannen Sie ein sauberes Tuch oder ein engmaschiges Mückennnetz, um Staub und Fliegen fernzuhalten.
Das Gefäß sollte für 3 bis 7 Tage, möglicherweise auch noch länger – das hängt von der Lufttemperatur und Ihrem Geschmack ab – an einem Ort aufbewahrt werden, wo die Temperatur zwischen 15 und 22 Grad Celsius beträgt. (Je länger das Gemüse fermentiert, desto intensiver wird Ihr geschmackliches Erlebnis sein.)
Während der Zeit der Fermentation vermehren sich die nützlichen Bakterien und wandeln den Zucker und die Stärke, die natürlicherweise im Gemüse vorkommen, in Milchsäure um. Schauen sie jeden Tag nach Ihrem Gemüse und schöpfen Sie jegliche Unreinheiten ab. Dem Kraut selber kann nichts passieren, da es unter der Lake durch die anaerobe (sauerstofffreie) Umgebung sicher ist. Sobald der gewünschte Geschmack erreicht ist, füllen Sie das Gemüse in Schraubverschluss- oder Einmachgläser ab, verschließen diese und bewahren sie im Kühlschrank auf.
Fermentiertes Gemüse können Sie mit jeder Mahlzeit kombinieren. Es kann gekühlt bis zu sechs Monaten aufbewahrt werden. Dieses Gemüse ist preiswerter als probiotische Produkte und es enthält lebenswichtige Enzyme sowie wertvolle lebendige Milchsäurebakterien, die auch nach einer längeren Lagerzeit in Ihrem Vorratsschrank noch vorhanden und für Ihre Gesundheit aktiv werden.